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Ethnologische Museen und KI als Chance 

Ethnologische Museen und Sammlungen bemühen sich vielerorts um eine dekolonisierende Praxis. Die Forderung nach partizipativer, transparenter Sammlungs- und Provenienzforschung und viele Ideen, digitale Technologien sinnvoll in den musealen Alltag zu integrieren, wachsen zu einem Bündel neuer Möglichkeiten. Künstliche Intelligenz (KI) ist eine von ihnen, wird aber bei vielen allzu oft nur als Werkzeug zur Effizienzsteigerung verstanden und ist sogar für einige Museumsexpert:innen ein "Angstthema". Wenige begreifen KI als epistemisches Medium.

Was ist ein epistemisches Medium?

Ein epistemisches Medium ist ein Medium, das nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch neues Wissen erzeugt und die Art und Weise beeinflusst, wie Wissen generiert, geteilt und bewertet wird. Wie alle Medien ist Ki ist also nicht bloß ein neutraler Übertragungsweg, sondern gestaltet das Wissen selbst mit. Diese Form und Praxis, die durch ihre transformatorischen Fähigkeiten aktiv an der Wissensproduktion beteiligt ist, ermöglicht es wiederum, Communities in Kommunikationswege einzubinden, die aufgrund von Sprachbarrieren bisher Unbeteiligte in der Postkolonialen Debatte waren. 

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"This powerful video sheds light on the voices that were nearly erased and the spirit that lives on through generations. Join us for a journey of resilience, heritage, and truth as we honor the Native American legacy. Prepare to see Thanksgiving in a whole new light." --  "Dieses kraftvolle Video beleuchtet Stimmen, die fast ausgelöscht worden wären, und den Geist, der über Generationen hinweg weiterlebt. Begleiten Sie uns auf einer Reise voller Widerstandskraft, Tradition und Wahrheit, während wir das Erbe der amerikanischen Ureinwohner würdigen. Bereiten Sie sich darauf vor, Thanksgiving in einem ganz neuen Licht zu sehen."

Indigene Communities und KI

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Dieser Podcast wurde künstlich erzeugt von einem Tool namens notebooklm von Google.

Quellen, die für die Generierung genutzt wurden: A New Age Indigenous Instrument: Artificial Intelligence & Its Potential for (De)colonialized Data von Ian Falefuafua Tapu* & Terina Kamailelauli‘i Fa‘agau, Artificial Intelligence and Indigenous Peoples’ Realities von Nina Sangma, Artificial Intelligence, Technology, and Indigenous Peoples von Edin Noé López - Lucía Rios Bellagamba - Daniela Brenes, Künstliche Intelligenz neu denken – aus indigener Perspektive von Ciannait Khan und Meta und UNESCO verbessern KI-Übersetzung für indigene Sprachen

Machine Learning, kuratierte Daten und die Rolle der Communities

Künstliche Intelligenz kann große Mengen unstrukturierter Daten – Texte, Bilder, Objektdokumentationen – in neue Zusammenhänge bringen. Dafür braucht es nicht zwingend die aktuell viel diskutierten Transformer-Modelle (Large Language Models), sondern mitunter bereits einfache Modelle und Labelencoder, die sich mit Sammlungsdaten verknüpfen und dadurch mit einem gezielten Training diese erschließen können. Solche Verfahren sind unter dem Begriff „Machine Learning“ seit Jahren in der Praxis etabliert.

Neu ist jedoch für Museumsmitarbeiter der erleichterte Zugang zu diesen Technologien: Heute kann nahezu jede Person mit einem LLM und etwas Programmierkenntnis eigene Systeme aufsetzen. Doch diese Demokratisierung ist nur die halbe Wahrheit. Mit der Gestaltung solcher Modelle geht auch Verantwortung einher – insbesondere im musealen Kontext.

Wenn wir KI-gestützte Systeme für Museen entwickeln, müssen wir deren Lernprozesse transparent machen und reflektieren, um koloniale oder eurozentristische Verzerrungen nicht zu reproduzieren. Kultursensible Modellierung, nachvollziehbare Trainingsdaten und Annotationen, die im Austausch mit Communitys entstehen, sind keine Randaspekte – sie bilden die Grundlage und Voraussetzung für eine ethisch tragfähige und wissenschaftlich verantwortungsvolle KI in ethnologischen Sammlungen.

 Idealtypischer Ablauf eines Co Research.

Das Schaubild zeigt, wie dekolonisierende Forschung in Museen idealerweise ablaufen könnte: Sie muss interdisziplinär und partizipativ werden und offen für einen reflektierten Umgang mit unserem Wissen. Entscheidungsfindung und Ethik stehen im Zentrum. Dieser Prozess muss zyklisch gestaltet und transparent erstellt werden, um neue, gerechtere Narrative über Sammlungsobjekte zu entwickeln und die Perspektiven von Communitys aktiv einzubinden.

Das sprechende Objekt – Neue Formen der Vermittlung

Was sind „Sprechende Objekte“?


Im Projekt Sprechende Objekte erforschen wir, wie Exponate mithilfe digitaler Technologien selbst zu Erzähler:innen werden können. Ziel ist ein interaktives Museumserlebnis, bei dem Besucher:innen Objekte direkt befragen – und Antworten erhalten, die auf wissenschaftlich fundierten Informationen beruhen. Grundlage ist ein innovativer Ansatz, der kuratierte Fakten aus unserem Wissensnetzwerk (Knowledge Graph) mit modernen Sprachmodellen (sogenannten Embeddings) und strukturierten Textdaten verbindet.

 
Technisch basiert das Projekt auf einem Zusammenspiel mehrerer Systeme: Künstliche Intelligenz ist nur der eloquente Teil dieses Settings. Verschiedene Sichtweisen auf ein Objekt – etwa aus Perspektive von Sammler:innen, Kurator:innen oder Communitys – werden vorher über Knowledge Graphen als digitale Agenten modelliert. Durch einfache Anweisungen können Museumsbesucher:innen zwischen diesen Perspektiven wechseln. Dabei kombiniert das System gesicherte Informationen aus der Datenbank mit semantisch verknüpften Inhalten aus größeren Textsammlungen. Diese Hybridtechnik (Retrieval-Augmented Generation, kurz RAG) ermöglicht lebendige, fundierte und vielstimmige Objektgeschichten.

Inmitten dieses Prozesses steht ein Oxymoron, die Künstliche Intelligenz, denn sie ist weder künstlich, noch sonderlich intelligent. Was sie aber ist, ist allein schon atemberaubend und phänomenal: sie ist unglaublich schnell. Diese Schnelligkeit geht leider zu Lasten der Genauigkeit und genau hier setzen alle unsere Forschungen an: Wie machen wir den Weg der Künstlichen Intelligenz verstehbar (explainable AI) und wie überwinden wir Leerstellen und mögliche Fehlerquellen im Erarbeitungsprozess? Ein Ansatz ist hier die Forschung zum Umgang mit Unsicherheit im Digitalen Raum, bei dem wir mit der Lübecker Universität (IMIS) zusammmenarbeiten.

Sprechende Objekte können komplexe Sammlungszusammenhänge verständlich machen. Sie machen sie transparent, nachvollziehbar und dialogisch. Sprechende Objekte eröffnen neue Wege, um die Geschichte, Herkunft und Bedeutung eines Objekts zu entdecken, und laden zur kritischen Auseinandersetzung mit kulturellen und historischen Kontexten ein. So entsteht ein Museumsbesuch, der nicht nur informiert, sondern auch zum Mitdenken anregt.